Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.

Bildungspolitik als Reproduktionsverfahren der Eliten – Was dagegen zu tun ist
In diesen Tagen erschien im Standard eine Kritik an der Forderung der Neos, in der Schule Finanz- und Wirtschaftsunterricht zu forcieren.
In seinem Kommentar mit dem Titel “Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?” kritisierte der Germanist Norbert Christian Wolf zurecht eine Bildungspolitik dieser Establishment-Partei Neos, die meint, mit ihrer wirtschaftsfreundlichen Initiative auf Literatur- und Kunstunterricht verzichten zu können.
Mit dem seitens der Wirtschaft immer wieder neu hervorgeholten Argument, Schüler*innen wären allenfalls in der Lage, Goethes Gedicht mehrsprachig zu interpretieren hätten aber keine Ahnung von Finanzanlagen, Steuern und Versicherungen wird vor allem eines offenbar: Der blinde Fleck einer Bildungspolitik, der in der Wiedererrichtung von Klassenschranken jede Fähigkeit abhandengekommen ist, noch einmal die wachsenden sozialen Unterschiede in den Blick zu nehmen.
Mögen die Zahlen in Deutschland und Österreich etwas variieren: Fakt aber ist, dass rund ein Viertel aller Schüler*innen nach Ende ihrer Schullaufbahn nicht sinnstiftend lesen können. Und Fakt ist auch, dass dieser Anteil im Lauf der Pandemie noch einmal signifikant zugenommen hat.
Allen Betroffenen wird sich also ohne fremde Hilfe weder der Erlkönig noch ein Mietvertrag in auch nur einer Sprache inhaltlich erschließen.
Umso begieriger werden sie die Losungen der Populist*innen aufgreifen, die ihnen zumindest davon erzählen, wer der Feind ist, dem sie die Schuld geben können für ihr Leben im Schatten der Gesellschaft.
Auf die Frage, was gegen diese bildungspolitische Engsicht zu tun wäre, habe ich folgende Antwort versucht:
Vordringlich erscheint mir, Bildungspolitik wieder politisch zu verhandeln und das heißt auf Grundlage des Wissens um verschiedene soziale Interessen. Die Ermüdung bei der Auseinandersetzung mit den zentralen Maßnahmen zur Verringerung sozialer Ungleichheit wie „Gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen“ oder dem „Ausbau ganztätiger Schulformen) zeigt die realen politischen Kräfteverhältnisse.
Solange das untere Drittel der Gesellschaft in der Öffentlichkeit ausgeblendet bleibt – und damit für alle Parteien (außer den Rechtspopulist*innen) als abgeschrieben gilt – können sich die Krisengewinner*innen unwidersprochen wünschen, in ihren Kindern ihren sozialen Status zu erhalten. Solange aber Interessensvertretungen die Frage der sozialen Umverteilung nicht zu einem Grundanliegen machen (nicht zuletzt, weil die sozialdemokratische Führung sich darin eingeübt hat, „Klassenverrat“ zu begehen) wird sich die Frage „Was tun?“ nicht befriedigend beantworten lassen.
Immer wieder stelle ich fest, dass Lehrer*innen selbst mittelständisch sozialisiert worden sind. Das bedeutet aber auch, dass sie erst gar nicht die Sprache der sozial Ausgeschlossenen sprechen und dieser Gruppe gegenüber gleichgültig, in manchen Fällen aggressiv verhalten oder in einem hilflosen Missionarismus zur Selbstbestätigung stecken bleiben. Wir brauchen mehr Lehrer*innen, die selbst aus sozial schwachen Milieus kommen, die Sprache der betroffenen Schüler*innen sprechen und so glaubwürdige Lernpartner*innen sein können. Dass dazu noch die Dimension wachsender Diversität von Stadtgesellschaften kommt, die in keiner Weise in der Lehrer*innenschaft abgebildet ist, kann ich hier nur noch hinzufügen.
Das derzeitige curriculare Angebot inklusive seiner pädagogischen Vermittlung stellt in keiner Weise auf die Bedürfnisse von Kindern aus benachteiligten sozialen Gruppen ab. Es ist ungebrochen kopflastig, passiv rezeptionsorientiert und fern aktiver Mitwirkung zur gegenseitigen Förderung von Problemlösungskompetenz. Seine Behandlung fordert eine Konzentrationsfähigkeit, der viele nicht gewachsen sind, und also ohne maßgeschneiderte Förderung zurückblieben (einer der Gründe, warum selbst sozialdemokratische Bildungsbürokrat*innen in Wien sagen: An diesen skandalösen Zahlen kann man leider nichts ändern, eine wirkungsvolle Pädagogik für diese Zielgruppe ist einfach zu aufwendig und zu teuer).
Persönlich würde ich z.B. dafür plädieren, dass im Zeitraum der Pubertät gänzlich auf die traditionelle Wissensvermittlung im Klassenverband verzichtet wird. Leider haben die Maßnahmen im Rahmen der Pandemie zu einem Backflash der Schulentwicklung geführt. Um stattdessen konkrete Tätigkeiten in Natur, Sport, Arbeitsorten, Kultureinrichtungen, Reisen, in den Mittelpunkt zu rücken. Das entspricht einerseits den entwicklungspsychologischen und entwicklungsphysiologischen Gegebenheiten dieser Altersgruppe als das stundenlange Stillsitzen und ermöglicht zusätzlich sozial Schwachen ihre Fähigkeiten zum Ausdruck zu bringen, in denen Mittelstandsjugendliche nicht per se überlegen sind, und sie sich damit profilieren können.
Wenn ich an meine eigene Schullaufbahn zurückblicke, dann ist es damals gelungen, vielen jungen Menschen aus sozial schwachen Milieus eine erfolgreiche Schulkarriere zu ermöglichen, weil am Ende ein glaubhaftes Aufstiegsangebot gewinkt hat. Im Gegensatz dazu scheint dieses gesellschaftliche Versprechen „Wenn Du Dich bildest, wird es Dir das spätere Leben lohnen“ weitgehend unglaubwürdig geworden. Die berufsbildenden Schulen in Österreich sind auch deshalb ein so großer Erfolg geworden, weil sie junge Menschen sowohl zu einem Maturaabschluss als auch zu einer qualifizierten Berufsausbildung gebracht haben. Zumeist aus ländlichen oder Arbeitermilieus stammend, hätten diese niemals ein Gymnasium besucht
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. Und erwiesen sich mit ihrem Anschluss dennoch als besonders erfolgreich am Arbeitsmarkt.
Müßig zu erwähnen, wie wichtig eine Ressourcenumverteilung ist: Gerade diejenigen Schulen, die eine Häufung von Schüler*innen aus sozial schwachen Milieus ausweisen, haben einen besonders hohen Förderbedarf, den sie nur mit zusätzlichen finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen abdecken können. Versuche, mit Hilfe einer sozialen Indexierung sind noch völlig unzureichend, weisen aber in die richtige Richtung.
Mein Eindruck: Die jetzige Phase des Kapitalismus setzt auf einen Zuwachs an perspektivlos Stillgestellten, von denen die Machthaber*innen zur Ansicht gekommen sind, dass diese eine gute Bildung durchaus entbehren können, weil es ihnen selbst Vorteile bringt (siehe dazu die rapide Zunahme von Tätigkeiten im Billiglohnsektor).
Und die Betroffenen sind – noch – nicht in der Lage, dagegen aufzustehen, zu groß der Individualisierungs- und Entsolidarisierungsdruck der letzten Jahre. Aus historischer Sicht bleibt immerhin die Erinnerung, dass das nicht für immer so bleiben muss…