Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Der Kampf um den Fortbestand des RSO
Es ist erfreulich, dass sie sich die Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer und auch die Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler für den Fortbestand des RSO einsetzen. Ihre klaren Aussagen lassen darauf schließen, dass es eine gemeinsam getragene Konstruktion gegen wird, die den Erhalt dieses Ausnahme-Orchesters ermöglicht.
Bei meinen Recherchen bin ich auf einen Vorgänger-Fall gestoßen: In den 1970er Jahren gab es die ORF-Big-Band: https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_O/Orf_Big_Band.xml , die die damalige Creme de la creme der österreichischen und auch internationalen Jazz-Szene versammelt hat: Sie verschwand 1982 (also noch in der Zeit einer sozialdemokratisch inspirierten Kulturpolitik) von der Bildfläche. Die Gründe lagen damals wohl auch am permanenten Sparzwang; darüber hinaus an der Einsicht, hier sei ein Format an sein Ende gekommen und nur mehr für eine kleine eingeschworene Minderheit von Relevanz.
Diese Erfahrungen übertragen auf das RSO gibt es eine Reihe von Evidenzen, dass selbst innerhalb des ORF die entscheidenden Kräfte nichts mit den musikalischen Äußerungen des Ensembles anfangen können – ein teurer, historisch zugewachsener Fortsatz, der in seinem Eigenleben mit dem ORF eigentlich nichts zu tun hat.
Es ist also kein Zufall, dass das RSO nicht erst seit gestern innerhalb und außerhalb des größten Medienunternehmens Österreichs – Kulturauftrag hin oder her – immer wieder zur Disposition gestellt wird. Und die Reaktion einer gesellschaftlich in keiner Weise relevanten Kulturszene (u.a. von mir) reflexhaft ruft, es müsse alles so weiter gehen wie bisher (Der Begriff der “Kulturnation” darf dabei nicht fehlen!).
Vielleicht könnten wir in der aktuellen Situation auch einen Gedanken darauf verschwenden, dass sich das Umgeld des RSO in den letzten Jahren dramatisch verändert hat. Dass es eine immer größere Zahl von Menschen gibt, die mit dem Angebot dieses Ensembles überhaupt nichts anfangen können, weil sie ganz andere musikalische Prioritäten haben – und so schon aus Unkenntnis nicht für dessen Fortbestand plädieren können.
Weil sich das RSO aber ungebrochen als Anwalt einer Minderheit positioniert, der es – trotz mancher Vermittlungsbemühungen – längst aufgegeben hat, sich als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Dynamik zu verstehen, liegt das eigentliche Problem nicht darin, dass Roland Weißmann bereit ist, dass RSO auf dem Altar der Ressentiment getriebenen Profilierungsversuche der Medienministerin Susanne Raab zu opfern. Sondern dass sich die Forderungen eines kleinen Teils derr Kulturszene (inklusive mir) darauf beschränken, dass ohne jede Ambition der Weiterentwicklung alles so weiter gehen müsse wie bisher.
Eine kulturelle Beharrungstendenz, die mich zur Vermutung bringt, dass das eigentliche Problem nicht in der Entscheidung liegt, diesem exzellenten Ensemble den Weiterbestand zu ermöglichen, sondern dass es keinerlei Szenarien gibt, wie die gegenwärtige Nischenexistenz des RSO aufgebrochen und produktiv gemacht werden kann für das gesamte Kulturleben in einer Vielfaltsgesellschaft.
Einfach gesagt, es gilt die Frage zu beantworten, was das RSO nicht nur einem kleinen Kreis an Überzeugten zu sagen hat. Sondern auch denen, die längst auf einen anderen musikalischen Stern abgewandert sind. Und denen es einfach wurscht ist, ob es das RSO gibt oder nicht.
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/medien/2179010-Kulturstaatssekretaerin-Mayer-Muss-Loesung-fuer-RSO-Fortbestand-geben.html