Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Kunst und Kultur am Ende – Was das Regierungsübereinkommen kulturpolitisch erzählt
“Jetzt das Richtige tun. Für Österreich” lautet der Titel des Regierungsprogramms der neuen Ampelkoalition. In dem Papier findet sich auch ein Kapitel “Kunst und Kultur”, in dem von den Koalitionär*innen insgesamt 19 kulturpolitische Absichten bzw. Maßnahmen zusammengeführt werden. Ganz unterschiedlich konkret verweisen sie zum Teil auf bereits laufende Aktivititäten, zum Teil beziehen sie sich auf Dauerbrenner, die die österreichische Kulturpolitik bereits seit den 1970er Jahre begleiten (Kunst, Kultur und Bildung zusammendenken,…). Eine demokratiepolitische Handschrift, die darauf reagiert, dass in den letzten Jahren die Rechten die kulturelle Hegemonie übernommen haben, ist in keiner Zeile erkennbar.
Der wirkliche Stellenwert von Kunst und Kultur Bundesregierung zeigt sich indirekt. So handelt es sich um das letzte inhaltliche Kapitel innerhalb des Programms; zugleich fällt auch, dass die Autor*innen von keinerlei konzeptiven Ansprüchen geplagt waren: Wahllos reihen sich die einzelnen Maßnahmen – weitgehend unvermittelt – aneinander und bestätigen so einmal mehr den Eindruck der staatlichen Spezialbehandlung eines Kulturbetriebs, der ansonsten wenig mit der gesellschaftlichen Entwicklung zu tun hat.
Dazu gehört auch, den Terminus “Kulturland Österreich” (mit seinen “wesentlichen kulturellen Institutionen”) affirmativ zu strapazieren, um in keiner Weise auf die geänderte ethnische, soziale oder religiöse Zusammensetzung der österreichischen Bevölkerung einzugehen. Vermieden wird jeder Hinweis auf eine kulturelle Diversität, die mittlerweile das kulturelle Verhalten breiter Teile der österreichischen Bevölkerung wesentlich bestimmt, ohne dass das kulturpolitisch auch nur zur Kenntnis genommen würde. Immerhin, es findet sich erstmals ein Kapitel “Jugend- und Clubkultur”, ein Bereich, deren Einrichtungen seit der Pandemie um ihre Existenz ringen. Die sozialen Medien als entscheidender interaktiver Kulturraum sind hingegen keiner Erwähnung wert.
Stephanie Panzenböck hat zuletzt im Falter gefragt: “Wo bleibt die Kultur?” (https://www.falter.at/zeitung/20250311/wie-sattelfest-ist-andreas-babler-als-kulturpolitiker) und versucht, den kulturpolitischen Kompetenzen des auch für Kunst und Kultur zuständigen Vizekanzlers Andreas Babler auf die Spur zu kommen.
Er hat sie nicht, schlicht und einfach. Also ist auch nicht zu erwarten, dass er diese 19 disparaten Maßnahmen demnächst zu einem gesellschaftspolitisch relevanten Konzept zusammen führen wird. Statt dessen wird der Apparat seines Hauses einfach weiter machen wie bisher, auf Grund des oktroyierten Sparkurses samt Erhöhung der Militärausgaben freilich mit etwas weniger Mittel.
Inzwischen werden Kunst und Kultur halt zunehmend ohne staatliche Begleitung woanders stattfinden.
https://www.spoe.at/wp-content/uploads/2025/02/Regierungsprogramm_2025.pdf