Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Zur Diskussion zum Sammelband “Kann Kultur Politik? – Kann Politik Kultur?“
Am 23. Juni 2020 im Rahmen des Angewandten Festivals 2020
Auch wenn die Aktien-Kurse stetig steigen ist uns wahrscheinlich noch gar nicht so richtig bewusst, welchen gewaltigen Innovationsschub die aktuelle Corona-Krise im Bereich der digitalen Medien ausgelöst hat. Während Künstler*innen sich noch darin üben, ihr Programm in diversen Streaming-Diensten unterzubringen, arbeiten die Forschungs- und Entwicklungslaboratorien der großen Digitalkonzerne zur Zeit mit Hochdruck an einer neuen Produktgeneration im Bereich von Artificial Intelligence, um so immer weitere Teile der menschlichen Arbeitskraft auf die Maschine zu übertragen. Davon werden auf künstlerische Tätigkeiten in höchstem Maße betroffen sein. Ihr Verkaufsargument: Allein betriebene Maschinen werden nicht krank. Sie bringt keine Epidemie zum Erliegen.
Soviel kann vorausgesagt werden: Mit ihrem immer weiteren Einsatz verringern sich nahezu täglich die Chancen, die in diesem Frühjahr „freigesetzten“ Arbeitskräfte möglichst bald wieder in die ordentlichen Beschäftigungsverhältnisse der Vor-Corona-Zeit zu bringen.
Das war eine der Annahmen, die Gerald Bast, Anke Schad-Spindler und ich im Rahmen einer von Stephan Hilpold vom Standard moderierten Diskussion zum Ausgangspunkt geleitet haben, wie es gelingen könnte, Kulturpolitik noch einmal einen größeren Stellenwert in einer breiteren Öffentlichkeit einzuräumen.
Künstlerische Arbeitsformen sind wesentlich komplexer und vielfältiger organisiert als kulturpolitisch wahrgenommen
Im Moment richten sich alle Erwartungen auf unmittelbare Finanzhilfen des Staates für existenziell bedrohte Künstler*innen. Darüber hinaus fordern viele Künstler*innen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das sie von den unmittelbaren Existenzsorgen befreit
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. Anke Schad-Spindler, die kurzfristig für die Wiener Staatssekretärin Veronika Kaup-Hasler eingesprungen ist, hat deutlich gemacht, wie unterschiedlich die Arbeitsbedingungen vieler Künstler*innen mittlerweile geworden sind: selbst unternehmerisch tätig, als Unselbstständige angestellt, sich um öffentliche Förderungen bemühend, Einkommen von ihren künstlerischen aber auch ganz anderen Tätigkeiten lukrierend oder auf andere Einkommensquellen zurückgreifend. Ein konkreterer Blick macht rasch klar, wie gleichermaßen flexibel und unterschiedlich sich die Lebens- und Arbeitsverhältnisse vieler Künstler*innen heute gestalten. Zu all dem aber gibt es keine systematisch erhobenen Datenlagen, selbst die (kultur-)politischen Entscheidungsträger*innen sind auf Vermutungen (und den Zurufen einiger besonders lauter Akteur*innen) angewiesen. Dementsprechend wenig treffsicher (und noch weniger perspektivisch gerichtet) sind die Maßnahmen, die in diesen Tagen verabschiedet werden.
Über einen Arbeitsbegriff, der Bildung und Kunst umfasst
Demgegenüber schlug Gerald Bast vor, ein Grundeinkommen nicht nur für die Existenzsicherung einzelner Künstler*innen zu nutzen, sondern zum Ausgangspunkt für die Involvierung möglichst vieler Menschen in Kunst, Bildung, Forschung und neue soziale Praktiken zu nehmen
. Gerade angesichts der nächsten Welle der Digitalisierung sieht Bast einen großen Bedarf an Forschung speziell dazu, wie eine Gesellschaft abseits des bis dato unverrückbaren Primats der Lohnerwerbsarbeit funktionieren kann. Diese könnte sich entlang eines neuen gesellschaftlichen Selbstverständnisses organisieren, die soziale Interaktion, insbesondere Bildung, aber auch die Auseinandersetzung mit Kunst als Teil menschlicher Arbeit zu begreifen vermag, die nicht so einfach auf die Maschine übertragen werden kann.
„Useful Art is a way of working with aesthetic experiences that focus on the implementation of art in society“ (Tania Brughera)
Die Entwicklung dieses Zukunftsszenarios ging einher mit der Voraussage, dass es zur Zeit wenig Anzeichen gibt, dass der Staat noch einmal sein Kunstfördersystem wesentlich ausweiten wird
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. Dementsprechend waren wir uns einig, dass die einzige Perspektive für einen Kunstbetrieb, der sich in den letzten Jahren immer weiter vom großen Rest der Gesellschaft entfernt hat, darin besteht, sich im Sinne einer mannigfaltigen „Allyship“ in der Gesellschaft neu zu verorten, in der Hoffnung, damit noch einmal größere Relevanz zu erhalten.
Anke Schad-Spindler und Gerald Bast hatten dafür zwei Ratschläge parat: Der eine betraf das Ende eines kulturpolitischen Top-Down-Prinzips, das den Menschen seit den 1970er Jahren weitgehend vergeblich versucht zu erklären, wie wichtig die Kunst für sie ist. Stattdessen plädiert sie für eine Teilhabe, die im gleichberechtigten Dialog mit allen Beteiligten Kulturpolitik neu auszurichten vermag. Und der andere Ratschlag lies Gerald Bast auf Tania Brugheras „Manifesto for a Useful Art“ verweisen, das für eine Kunst plädiert, die sich einmischt und an der gesellschaftlichen Entwicklung aktiv mitwirkt.
Und noch über vieles andere haben wir geredet: Über die Rolle der EU im Zuge (kultureller) Renationalisierung, die ungebrochene Herrschaft der Repräsentation, Kulturnation, Personalisierung, den wachsenden Druck des Marktes oder den verlorengegangenen Wille zum Widerstand. Wenig konkret geredet haben wir hingegen über Details des vorzustellenden Buches, dafür aber ganz im Geist seiner Autor*innen, denen es allesamt ein großes Anliegen ist, eine lebendige Diskussion zu aktuellen Problemen der Kulturpolitik aufrecht zu erhalten.
Wer die Diskussion nachhören mag, kann es sich hier noch einmal ansehen.