Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Kulturpolitik neu denken
Am 13. Dezember fand in den Räumen des Kunst- und Kultursektion des BKA der Unesco-Talk “Kulturpolitik neu denken – Aus internationalen Erfahrungen lernen” statt.
In sorgfältig ausgewählten Panels wurden aktuelle kulturpolitische Themen wie Prekarität, Nachhaltigkeit und globale Assymetrie des Kulturbetriebsystems verhandelt.
Die Interventionen haben mir viel Stoff zum Nachdenken mitgegeben: Immer deutlicher wird mir bewußt, dass es ohne ein grundsätzliches Überdenken des herrschenden Kulturbetriffs keine Zukunftsperspektiven gehen wird.
Spätestestens mit dem Augenscheinlichwerden der ökologischen Krise stellt sich die Frage nach einer Neubestimmung des Verhältnisses von “Kultur” und “Natur” noch einmal auf eine mehr als irritierende Weise. Immerhin dient in unser aller Selbstverständnis “Kultur” bislang als das zentrale Merkmal, das den Menschen vom Rest der “Natur” unterscheidet. Um damit – gewollt oder ungewollt – the konzeptionellen Grundlagen dafür zu schaffen, sich über die “Natur” zu erheben, diese nach menschlichem Belieben umzugestalten und sich “untertan zu machen”. Um jetzt immer deutlicher darauf gestoßen zu werden, dass es genau diese kulturellen Ansprüche sind, die drauf und dran sind, wie sich dieser Kulturbegriff gegen ihre Träger*innen richtet, in dem er die Lebensgrundlagen des Naturwesens Mensch untergräbt.
Was das praktisch bedeutet? Zum Beispiel sich daran zu erinnern, dass die Unesco nicht in unbezogenen Silos wie “Kultur”. “Bildung” oder “Wissenschaft” organisiert bleiben muss. Sondern sich darauf einzustellen, dass (Natiur-)wissenschafterinnen und Künstlerinnen einander mehr zu sagen haben, als die herrschende rigide Arbeitsteilung suggeriert.
Wie wärs also, sich im nächsten Talk von einem Begriff von Diversität leiten zu lassen, der Menschen unterschiedlicher fachlicher Hintergründe, damit Vertreter*innen von “Kultur” UND Vertreter*innen der “Natur” zu gemeinsamen Gesprächen einlädt….