Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
03/01/2023
Fröhlich in die neuen Zeiten – Als es selbst dem Establishment zu dämmern begann
Succus aus einem Gespräch mit einem Freund, der in den letzten Jahren die Geschicke des deutschen Theaterbetriebs wesentlich mitbestimmt hat:
“In Zukunft wird das künstlerische Programm immer weniger das Profil von Theatern, Konzert- und Opernhäusern bestimmen. Immer wichtiger hingegen werden diese als Orte der Begegnung, der Verständigung, der Interaktion und der Mitwirkung einer zunehmend diversen Bevölkerung mit ganz unterschiedlichen Qualitäten. Orte der Öffentlichkeit eben.”
Das heißt natürlich nicht, dass künstlerische Qualität nicht mehr zählt, ganz im Gegenteil. Aber es heißt, dass sich der Kreis derer, für die die Häuser da sein wollen, erweitert. Und damit die Potentiale des Gemüsehändlers um die Ecke, der Anwältin am anderen Ende der Strasse, des Gamers im Altbau oder des Lehrlings in der nahen Autowerkstatt ebenso ernst genommen werden wie die Fähigkeiten der Künstler*innen.
“Community” heißt das neue Password. Als Ausdruck eines kulturpolitischen Anspruchs, dass alle am Kullturbetrieb Beteiligten – womit sich die kategoriale Differenz zwischen Produzent*innen und Rezipient*innen zumindest relativiert – den berechtigten Anspruch stellen können, als Citizen wahrgenommen und gehört zu werden. Und sich an kultureller Vergemeinschaftung beteiligen oder einfacher, “mitspielen dürfen”.
Die unmittelbaren Konsequenzen für das Management bestünde darin, der künstlerischen Leitung nicht nur eine kaufmännische sondern auch eine gleichberechtigte im Bereich des Community-Managements beizugeben.
Mein Rat an Kulturmanager*innen: Schau raus aus dem Fenster. Wenn Du an den “ganz normalen” Leuten nicht interessiert bist, die da unten vorbeigehen, dann solltest Du Deinen Job an den Nagel hängen. Mit einem arroganten Profil hast Du keine Zukunft, Und so auch nicht Dein Betrieb.