Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Österreich auf dem Weg in die Illiberalität – Kulturpolitik und ihre politische Verfasstheit.
Erst gestern bin ich in einem Gespräch wieder darauf gestoßen worden, wie schwer es ist, “Kulturpolitik” klar zu definieren. Zumal ich mehr denn je davon überzeugt davon bin, dass es gerade das vielstimmige, freie und auch kontroverse Gespräch darüber, was für dieses Politikfeld konstitutiv ist, die wesentliche Dimension von Kulturpolitik ausmacht.
Pragmatisch kann man sich dann immer noch auf die Definition “Kulturpolitik ist das, was der Staat sagt, was Kulturpolitik ist” zurückziehen. Diese Definition vorausgesetzt spricht viel dafür, dass sich spätestens mit den nächsten Nationalratswahlen viele staatliche Vorgaben ändern werden.
Die konkreten Auswirkungen auf den Kulturbetrieb können wir in den “illiberal” regierten Nachbarländern gerade hautnah miterleben. Wie “nachhaltig” diese Wirkungen sein können, lässt sich zur Zeit am Fall Polen studieren, wo es der neuen Regierung schwerfällt, die Kulturpolitik der PiS wieder demokratiekonform zu gestalten: https://www.sueddeutsche.de/kultur/polen-kulturpolitik-donald-tusk-1.6337849?reduced=true
Nein, eines kann man der gegenwärtigen Bundeskulturpolitik nicht nachsagen, dass sie von der Absicht getrieben wäre, eine überzeugende Perspektive kulturpolitischen Handelns zu entwickeln (Das Scheitern des Anbspruchs, eine Österreichische Kunst- und Kulturstrategie zu entwickeln, spricht für sich). Eher schon liegen ihre Meriten in der Verteidigung und Verfestigung von Positionen, die im gegenwärtigen politischen Gefüge zunehmend unter Druck geraten.
Was aber, wenn auch in Österreich das immer wahrscheinlichere Szenario der Implementierung einer illiberalen Demokratie eintritt:
Ausgerechnet in dem Sektor, der sich selbst gern als Seismograph gesellschaftlicher Entwicklung sieht, bleibt diese Option bislang völlig undiskutiert.
Und da frag ich mich, ob der Kulturbereich antizipiert, was da auf ihn zukommt. Geschweige denn, dass er – jetzt – Maßnahmen setzt – sich darauf vorzubereiten.