Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
23/05/2024
Bildung wird vererbt – so what?
In regelmäßigen Abständen werden Studienergebnisse an die Öffentlichkeit gebracht, die belegen, dass junge Menschen, dern Eltern über ein hohes Einkomen und einen hohen Bildungsabschluss verfügen, bessere Chancen haben, selbst ein hohes Bildungsniveau zu erreichen.
Übersetzt heißt das, dass die gegenwärtige Bildungspolitik im Rahmen des öffentlichen Schulwesens die Aufrechterhaltung unterschiedlicher sozialer Milieus befördert denn verringert.
Das Hineingeborenwerden in eine Welt der Chancenungleichheit mag man als sozial ungerecht empfinden. Oder aber als eine notwendige Voraussetzung des herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells begreifen, dessen zentrales Betriebsmittel darin besteht, au immer neue Weise Ungleichheit herzustellen. Lebt es doch davon, Hierarchien aufrecht zu erhalten, die in einem artifiziell inszenierten Konkurrenzkampf (mit zunehmend unklaren Spielregeln) jeder gegen jeden Gewinner und Verlierer schafft.
Unterhalten kann man sich allenfalls, ob die “Richtigen” gewinnen, und damit, ob mit der aktuellen schulischen Chancenzuweisung das eine oder andere Talent verloren geht. Aber Verluste sind durchaus eingepreist, jedenfalls so lange Menschen wie Rene Benkö als erfolgreiche Leitfiuren ohne Matura zumindest temporäre Erfolgsgeschichten, wenn auch mit weitreichenden Folgen, hinlegen.
Die 1970er Jahre waren vielleicht die einzige historische Phase, in der Bildungspolitik gegen allenkonservativen Widerstand aktiv darauf gerichtet war, bestehende soziale Grenzen zu überwinden und damit die aktuellen Studienergebnisse zu falsifizieren. Aber das ist lange her; die Nutznießer haben längst die Fronten gewechselt
Heute ist es nur folgerichtig, wenn ein nicht nur sozial völlig ambitionsloser Bildungsminister den herrschenden Verungleichungstendenzen freien Raum lässt die öffenliche Schule zum Erfüllungsgehilfen des Neoliberalismus reduziert.
Die Studienergebnisse sind dann nur ein Beleg dafür, wie erfolgreich Polazek und Co dabei waren, die Herrschaft der Differenz zu befestigen.