Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
Stehen wir vor einer neuen Ära des Kunstbetriebs? – Vielleicht schafft die KI ja schon bald nicht nur Kunst sondern auch Publikum?
Die Sommerzeit mit all ihren Festspielen ist ja eine herausragende Gelegenheit für Interviews mit Künstler*innen aller Art, die von ihrer Arbeit berichten. Vor allem, wenn sie sich in (gesellschafts-)politische Stoffe einarbeiten und versuchen, die daraus folgenden Ergebnisse ihrem Publikum zu vermitteln.
Nun ist es ja das eine, wenn Künstler*innen den Wunsch verspüren, sich mit Themen ihrer Wahl in vertiefter Weise auseinander zu setzen (und allenfalls dafür auch öffentliche Förderung in Anspruch nehmen).
Woher aber kommt der missionarische Eifer, die Ergebnisse einem Publikum zu präsentieren? Die Antwort liegt wohl in der erhofften künstlerischen Anerkennung, manche treibt ein (gesellschafts-)politischer Bildungsaufttrag um, immer aber geht es um Einkommen.
Die neuesten Entwicklungen der KI haben die Frage aufkommen lassen, ob es diesen Typus von Künstler*innen über kurz oder lang noh bedarf. Oder ob die Maschine nicht schon bald zu “besseren”, weil publikumsnäheren Ergebnissen führen wird.
Unbedacht ist bislang geblieben, dass die KI auch dem wachsenden Heer an publikumslosen Künstler*innen ein Angebot machen könnte. Mit ein paar Klicks liessen sich die unterschiedlichsten Publika herstellen, im virtuellen Raum erführen die Künstler*innen jede nur mögliche Anerkennung und könnten zudem ihren Missionarismus ungehemmt ausleben. Das virtuelle Pubblikum
würde dankend jede künstlerische Äußerung gouttieren, je nach technischer Einstellung enthusiastisch jubelnd bis angewidert ablehnend. An einem diesbezüglichen Geschäftsmodell zur Erzielung hinreichender Einnahmen müsste freilich noch gearbeitet werden.
Und wir stünden vor eine neuen Ära des Kunstnbetriebs. Sowohl den Bedürfnissen beider Seiten, der Produzent*innen ebenso wie der Rezipient*innen wäre mit maschineller Unterstützung Genüge getan.
https://oe1.orf.at/programm/20240804/765872/Nicolas-Stemann-ueber-seine-Orestie