Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
14/08/2024
Slowakische Kulturpolitik – Von wegen: Kunst weist den Weg in die Freiheit
Gestern haben zehntausende Slowakinnen gegen die Kulturpolitik der nationalistischen Kulturministerin Martina Šimkovičová im Nachbarland Slowakei demonstiert. Sie hatte zuvor das leitende Personal der dortigen Kultureinrichtungen wegen seiner liberalen Einstellung ausgewechselt. Damit wollte sie sicherstellen, dass künftig nur mehr traditionelle slowakische Kultur in den staatlichen Einrichtungen verhandelt wird.
Die Eröffnungsrednerin der diesjährigen Salzburger Festspiele Nina Chruschtschowa hat zuletzt ein Loblied auf die Kunst im allgemeinen und die russische Kunst im besonderen als Medium der Freiheit angestimmt.
Wenn das so ist, dann würde ich erwarten, dass die Leitung der Salzburger Festspiele sich jetzt unmittelbar mit den Demonstrierenden solidarisieren, dass sie ihr Publikum über diesen erneuten Anschlag auf eine liberale und auf Vielfalt setzende Kulturpolitik informiert und zumindest symbolische Zeichen dagegen setzt.
Eine solche Haltung würde auch all den anderen Festspielen und Festwochen gut anstehen, die jetzt allerorten in Österreich die Mär von einem besseren Leben durch Kunst wiederkäuen.
Es ist gut möglich, dass sich bereits in diesem Herbst in Österreich ähnliche Szenen wie gerade jetzt in der Slowakei abspielen könnten. Die FPÖ zeigt sich schon jetzt als die einzige, einer politischen Strategie verpflichtete und damit eigentliche kulturpolitische Kraft im Land. Sie wird alles daran setzen, einmal an der Macht, ihr kulturpolitisches Programm den Kultureinrichtungen überzustülpen.
Die Salzburger Festspiele zumindest brauchen sich darüber wohl keine Sorgen machen. Sie erweisen sich schon jetzt weitgehenden kompatibel mit dem, was kulturpolitisch auf Österreich zukommt.
Der große Rest wäre gut beraten, nach einem Blick auf Italien, Ungarn, Polen und jetzt auch auf die Slowakei zu erkennen, sich dagegegen zu rüsten, was ein ebenso auf die Karte der kulturellen Identität setzender wie menschenverachtender Neonationalismus mit ihnen vorhat.
https://www.derstandard.at/story/3000000232361/schande-schande-tausende-protestierten-gegen-slowakische-regierung