Wimmer’s Kommentar
Michael Wimmer bezieht in seinen Kommentaren regelmäßig Stelllung zu den neuesten Entwicklungen in Kultur, Bildung und Politik.
Ergänzt werden diese durch eigene Begegnungen und Erlebnisse im Rahmen seiner Tätigkeit als Dozent, Autor und Berater.
29/10/2024
Das Versagen der Bildungspolitik und das Alibi des Einzelfalls
Aus meinen langjährigen Begegnungen mit Vertreter*innen des Bildungsministeriums ist mir noch die Taktik “Wir tun ja eh…” nur zu gut in Erinnerung.
Wann immer ein strukturelles Problem auftauchte, bestand die Antwort darin, eine Einzelmaßnahme für ein paar Betroffene zu setzen. Und so wurden schon einmal 20 Lehrer*innen zu einer Fortbildung zur Umsetzung des Projekterlasses – er stammt aus den 1990er Jahren – eingeladen ( https://www.bmbwf.gv.at/…/sch…/ba/projektunterricht.html ), um in der Öffentlichkeit die Behauptung aufstellen zu können, das Ministerium fördere den Projektunterricht. Die restlichen 124 427 Kolleg*innen würden schon irgendwann dem Beispiel folgen.
Und so lese ich jetzt den aktuellen Hype um die modulare Mittelschule in Aspern, die 2023 den Staatspreis für Innovation gewonnen hat und deren Direktorin Doris Pfingstner sich gerade vor medialem Interesse nicht retten kann: https://www.diepresse.com/…/von-der-problemschule-zum…
Und die anderen 5660 Schulen? Klar, es gibt ein paar weitere, die den Vergleich mit Aspern durchaus aufnehmen können. Und doch stehen diese Schulen eher für die Behauptung “Wir tun ja ohnehin etwas” (auf dass alles so bleibt wie es ist) als für den bildungspolitischen Willen, die dort gelebten pädagogischen Standards auf alle österreichischen Schulen, deren Unterrichtsangebot sich ungebrochen am 19.Jahrhundert orientiert zu übertragen.
Womit wir bei einer neuen Bundesregierung wären, die ohne bildungspolitischen Willen, das österreichische Schulwesen – wie schon einmal in den 1970er Jahren – auf völlig neue Beine zu stellen (um zumindest der heranwachsenden Generation noch einmal so etwas wie gesellschaftliche Zukunft zu eröffnen) erst garnicht ihr Amt anzutreten braucht.