Wimmer’s Blog
Michael Wimmer regularly writes german blogs on relevant topics in and around the cultural field. On the basis of personal experiences he dedicates himself to current events as well as fundamental questions in culture, education and politics.
Kulturpolitisches Symposium: Alles neu macht der Mai – eine andere Zukunft des Kulturbetriebs ist möglich
Eine Zukunftswerkstatt zur Konzeption einer neuen Kulturpolitik
Die Kulturpolitik der letzten 50 Jahre repräsentiert eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Mit seiner zunehmenden Ausdifferenzierung ihrer Förderprogramme konnte auch im Kulturbereich dem Anspruch einer Wachstumsgesellschaft entsprochen werden. Mit den aktuellen mannigfachen Krisenerscheinungen kommt die Erzählung eines ständig wachsenden Kulturbetriebs an ihr Ende. Umso deutlicher tritt die Notwendigkeit einer Neuausrichtung in den Vordergrund.
Viel spricht für einen strukturellen Neubeginn einer Kulturpolitik, die darauf setzt, den Kulturbetrieb wieder ins Zentrum des Geschehens zu rücken. Eine solche kann sich nicht darauf beschränken, Schlimmeres zu verhindern, sondern stellt den Anspruch – gegen den herrschenden Trend grassierender Fortschrittsermüdung – mit Schwerpunktsetzungen überzeugende Wege in eine bessere Zukunft zu weisen.
Manche Bestandteile einer Zukunftsorientierung lassen sich bereits jetzt an der zunehmenden Einbeziehung neuer, scheinbar außerkünstlerischer Kriterien in die genuin künstlerische Qualitätsdiskussion erkennen. Diese reichen von Aspekten der Nachhaltigkeit, Ressourcennutzung, Innovationskraft, Stadtentwicklung inklusive der Berücksichtigung sozialer Vielfalt bis hin zu neuen Beschäftigungsformen inklusive einer gerechteren Entlohnung der im Kulturbetrieb Tätigen.
Der strategische Rahmen
In vielen Gebietskörperschaften ist die Kulturpolitik dabei, sich strategisch neu aufzustellen, ihre Ziele neu zu definieren und geeignete Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu verhandeln.
Dazu hat in den letzten Jahren eine breitere Bewegung der Kulturentwicklungsplanung eingesetzt. Selbst die großen politischen Gebietskörperschaften wie die Stadt Wien und der Bund haben sich vorgenommen, Kulturpolitik künftig stärker strategisch und entlang nachvollziehbarer Schwerpunktsetzungen auszurichten. Sie können sich auf einige exemplarische Versuche auf lokaler und regionaler Ebene beziehen, die zum Teil zu beträchtlichen Veränderungen des Standings des Kulturbetriebs geführt haben.
Die Veranstaltung möchte diese Entwicklung kritisch kommentieren und vor allem der Frage nachgehen, was diese strategische Ausrichtung für die Weiterentwicklung, ganz konkret für die Teilnehmer*innen des Symposiums bedeutet, in welcher Weise sie an diesem Prozess mitwirken können und auf was sie sich werden einstellen müssen.
Dies betrifft ebenso die besondere Bedeutung von Strategie im Kulturbereich, beinhaltet die Machtfrage, fragt nach den Zuständigkeiten, aber auch Möglichkeiten der Beteiligung und nach den zu erwartenden Wirkungen auf den Kulturbetrieb und den in ihm Tätigen.
Der Kulturbetrieb als Öffentlichkeit in einer diversen Gesellschaft
Ein zweites großes Thema der Veranstaltung ist die Frage nach kulturellen Öffentlichkeiten. Diese verweisen auf die zunehmende Diversifizierung der Gesellschaft, die zu einer kulturpolitisch kaum mehr überblickbaren Vielfalt kultureller Ausdrucksformen geführt hat.
Immer weniger kann der Kulturbetrieb auf ein verlässliches Stammpublikum zählen. Stattdessen gilt es, sich innerhalb der jeweiligen Community neu zu positionieren und als Ort des Austausches zu fungieren. Der Kulturbetrieb beschränkt sich dabei nicht mehr auf eine repräsentative Funktion; er wird zu einem Facilitator von Community Building.
Der Bedarf, künftig stärker zusammenzuwirken, gilt nicht nur innerhalb des eigenen Sektors. Er gilt im Zusammenwirken mit Vertreter*innen benachbarter Politikfelder, um so eine neue Verankerung bzw. Relevanz des Kulturbereichs zu ermöglichen.
Strategisches Ziel könnte es sein, das Zusammenwirken mit anderen gesellschaftlichen Akteur*innen und die Interaktion verschiedener sozialer Gruppen zu ermöglichen und damit eine Neupositionierung des Kulturbetriebs als relevanten Faktor bei der Gestaltung einer „anderen Zukunft“ zu versuchen.
Programm
10:00 – 10:15: Einführungdurch Anke Schad-Spindler/ Kulturpolitikforscherin: Kulturpolitische Strategie und neue Öffentlichkeiten
10:15 – 11:00: Streitverkündigungen durch Milica Tomic/Künstlerin; Ernst Schmiederer/Blinklicht; Heidrun Primas/Kulturarbeiterin: Zehra Barackilic/Medienkünstlerin; Uwe Mattheiß/Theaterjournalist
11:00 – 11:30: Pause
11:30 – 13:00: Fish Bowl – Plenum: Alle reden mit! – Kulturpolitische Strategien als Antwort für, von und mit dem Kulturbetrieb auf eine veränderte Welt
13:00 – 14:00: Mittagspause
14:00 – 14:15: Buchpräsentation Anke Schad „Konfliktuelle Kulturpolitik“
14:15 – 14:30: Impuls: Björn Johannsen/Agentur Fishberg: Strategie und Kultur
14:30 – 16:30: Arbeitsgruppen
- Relevanz: Was heißt eigentlich Kulturstrategie? Und was heißt das für die Gesellschaft? Moderation Aron Weigl
- Macht: Wer ist zuständig für die kulturpolitische Strategieenwicklung? Wer setzt sie durch? Moderation Anke Schad
- Wirkung: Wie verändert die Durchsetzung von Strategien den Kulturbetrieb? Moderation Astrid Kury
- Beteiligung: Wer redet mit? Moderation Ivana Pilić
16:30 – 17:00: Pause
17:00 – 19:00: Abschlussdiskussion „Eine andere Kulturpolitik ist möglich“
- Die vier Berichterstatter*innen aus den Arbeitsgruppen
- Christian Kircher/Geschäftsführer der Bundestheater-Holding GmbH
- Sybille Linke/Leiterin des Kulturamtes Frankfurt am Main
- Yvonne Gimpel/Geschäftsführerin der IG Kultur
- Veronika Kaup-Hasler/Kulturstadträtin Wien
- Günther Riegler/Kulturstadtrat Graz (angefragt)
- Gerald Bast/Rektor der Angewandten
Moderation: Michael Wimmer/Kulturpolitikforscher