Wimmer’s Blog
Michael Wimmer schreibt regelmäßig Blogs zu relevanten Themen im und rund um den Kulturbereich.
Anhand persönlicher Erfahrungen widmet er sich tagesaktuellen Geschehnissen sowie Grundsatzfragen in Kultur, Bildung und Politik.
Genre des Menschsein
Streitgespräch von KDM – Königin der Macht/ Gastblog von Myassa Kraitt und Ivana Pilic
Performance: KDM Königin der Macht
Text: Myassa Kraitt und Ivana Pilic
KDM Königin der Macht zu einem Streitgespräch und in diesen Raum einzuladen ist ganz schön mutig. Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Ich hatte ja gar keinen Schimmer, dass Michael Wimmer seit vielen Jahren auf die Uhr schaut und merkt, wie die Politik uns nur leise zuschaut. Es wird Zeit, dass diese sich endlich Neues zutraut. Denn unsere Kultur geht auf keine Kuhhaut.
Ich weiß, ich weiß Konzepte von Kultur sind gar nicht so leicht.
Und Konzepte vom Menschen-Sein sie wirken nicht leicht.
Die Genres des Menschseins sind klar eingeteilt, in arm oder reich, lahm oder g‘scheit, schwarz oder weiß.
Wer will Arts zu nem‘ mickrigen Preis?
Verhältnisse besser ungleich verteilt – Ich weiß…
Aber fangen wir damit gar nicht erst an.
Zu viel Ungerechtigkeit – triggert sonst die Fragility an.
Aber wer verdient es denn im Kulturbetrieb die Bühnen zu besteigen,
und muss ich mich dafür vor dem white gaze verneigen?
Irgendwie Dankbarkeit zeigen?
Wer muss erst verdienen und sich selbst zersieben?
Und laufend ins Off und den Rand verziehen,
Von irgendwelchen Ungerechtigkeiten schwafeln,
Und mit Stigma und Narben so tun als wäre es OK.
Ach ja, wir fordern noch immer Fair Pay.
Wer verdient es, anerkannt zu werden?
Wer wird repräsentiert und wer nicht.
Wer sitzt heute gemeinsam am Tisch?
Und wer kann es einfach nicht,
weil sie oder er scheinbar für den Weg viel zu dumm war.
Und was sagt es aus über die institutionalisierten Diskriminierungsmuster.
Und von welchem Wertesystem reden wir eigentlich?
Die Krise trifft uns nicht gleich. Ihr wisst ganz genau was ich mein.
Und radikal dann plötzlich mein Ausdruck?
Ich bin das Problem?
Und doch entscheide nicht ich über Diskriminierung und Ausschluss.
An mir ist in Wahrheit gar nichts radikal.
Außer meiner Hoffnung für Transformation.
Die Parameter ein verdammter Hohn,
Für die, die schuften zum Hungerlohn.
Das dient halt nur den eigenen Positionen.
Du wirst halt auch nach nem‘ Yoga Retreat
zum glitzernden Verfechter von Diversity!
Entschuldigen Sie!! Ich wurde hier eingeladen, um
Transformation radikal zu denken. Dabei soll ich mir die Ungleichheitsverhältnisse schenken?
Oder mit Erzählungen über meine Kultur etwas ablenken.
Es interessiert Sie doch alle, woher ich eigentlich stamm’…
Na aus dem Geburtskanal meiner Mom!
Und entsprungen aus dem Schoß unserer Ahnen,
die uns Legacy für Hoffnung und Veränderung gaben.
Die uns in Räumen nährten, schützen und stärkten
vor den kommerzialisierten und erotisierenden Blicken,
und den widerlichsten Ismen die tagtäglich herabwürdigen,
ausschließen und killen.
Wir brauchen Räume, die uns stärken.
Wo eure Exzellenz an uns abstreift,
denn diese sieht so vieles nicht,
weil Mensch grad zu viel von der
Normierung abweicht.
(Rap Part:)
“Ich habe Kämpfersyndorm
Bleib die rappende hoe
Nehm‘ das Semperdepot
queere das Belvedere,
flowe im Rapper-Jargon
über Transformation.”
Transformation
“Und doch ist allen Beteiligten bewusst, dass mit jedem Tag des Andauerns des Ausnahmezustandes eine Rückkehr zu einer alten Normalität immer unwahrscheinlicher wird.” Göttinnen sei Dank!
Was ist der Wunsch, wie lautet das Begehren: Gibt es ne‘ ernsthafte Sehnsucht dahin zurückzukehren? Ich will hier niemanden überzeugen, ein Ally zu werden. Manche sind und werden‘s halt nie werden. Aber wenn’s stimmt und kommen wir zum Pudels Kern: Wenn’s stimmt, dass Diskriminierung strukturell, systemisch und institutionalisiert ist und hier keiner im Raum widerspricht, dann gibt’s hier eigentlich gar nichts zu streiten.
Los geht‘s: Arbeit muss sichtbar, anerkannt, quantifiziert, kompensiert und bezahlt sein. Es ist schonmal der kleinste gemeinsame Nenner, das Mindeste – the common sense based on common difference. In einer Gesellschaft, die sich Gleichheit und Diversität mit eigenen Beauftragten an die Fahnen hängt.
Was wir tun können, um Kultur radikal neu zu denken:
Den Kulturbegriff von der Kulturalisierung befreien. Sich zu überlegen, wer sich über diesen Begriff erhöht, und wer in Beziehung dazu abgewertet oder unsichtbar gemacht wird. Macht- und Herrschaftsverhältnisse auf personellen, strukturellen und globalen Ebenen lernen zu erkennen und nicht so tun, als wären wir wegen paar Prekarisierten hier. Neue Haltungen entwickeln, wo Gerechtigkeit nicht nur leere Formeln bleibt. Uns finden und zusammen Ressourcen bündeln, damit wir Räume kreieren, die jene von uns nachhaltig stärken und nähren, die minorisiert, marginalisiert und ausgeschlossen werden. Mehr Menschen für die Sache mobilisieren und Spaces beschreiten, in denen wir Illoyalität gegen unterdrückerische Systeme praktizieren. Denn wir müssen illoyal bleiben gegen die ISMEN, denn sie haben die Würde des Menschen auf dem Gewissen.
We can say “No” to being the one servant in service to whiteness. Auch wenn’s oft gar nicht so leicht ist. We can say “No” to colonizing and neoliberal missions and dismantle diversity and inclusion, when it is not serving the existential issues and needs of marginalized communities. Und doch müssen wir alle unsere Hausaufgaben machen, um erst die Strukturen zu erkennen, und um zu verstehen wie Diskriminierung auf elitärem Wege funktioniert und sich reproduziert. Wie schlichtweg auch in diesen Räumen hier. Ich will Taten sehn und keine ausgelutschten Floskeln. diversity und inclusion sollten Verben sein, die das System auf den Kopf stellen.
We need safe spaces to create brave spaces inside out
und wir brauchen mutige Institutionen die sich was trauen.
Die es schnallen und zugeben, wie wenig sie eigentlich von den unterschiedlichsten Realitäten wissen. Die endlich zuhörn’ und wenn sie glauben genug gehört und gelernt zu haben, nicht für andere sprechen, sondern Räume aufmachen, Ressourcen teilen und mit uns Illoyalität gegen Ismen betreiben und somit mit den eigenen systemischen Mauern brechen.
Denn wir haben Stimmen, für uns hat hier keiner zu sprechen!
Und ganz im Ernst, ich glaub ihr kriegt es schon mit – dieser Diversity-Shit und Kulturbegriff ist verstrickt mit nem‘ System, das verdammt hierarchisch ist.
Our existence in institutional spaces can be the most radical of acts
I know some don’t like it cause we simply ga(y)ze back.
Ideologien der Ungleichheit oder Ungleichheitsgenerierende Ideologien wie Sexismus, Klassismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit, Orientalismus, Antisemitismus, usw.
Bild: © D:Arts