Michael Wimmer
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Wimmer’s Comment

Michael Wimmer regularly comments on the latest developments in culture, education and politics in his german commentaries. These are complemented by his own encounters and experiences as a lecturer, author and consultant.

31/07/2025

Kann es sein, dass in Gaza gerade Europa zerstört wird?

So geht Hegemonie: Selten hat mich ein Thema so verzweifelt schweigsam gemacht wie der desaströse israelisch-palästinensische Konflikt, der jede auch nur halbwegs gesicherte Haltung zerstört. Da ist zum einen ein dominanter Akteur in Gestalt der israelischen Regierung, die sich jede Kritik mit der Keule des Antisemitismus verbietet, Und da sind zum anderen die Bilder einer unvorstellbaren Zerstörung samt damit verbundenem Leid der Zivilbevölkerung von Gaza. Und dazwischen eine Unzahl unterschiedlichster Analysen, die allesamt auf die Forderung hinauslaufen, mich auf eine, auf die richtige Seite zu schlagen.

Ich kann mich damit trösten, dass meine Haltung völlig irrelevant ist, weil die Entscheidungen ganz woanders getroffen werden (https://www.youtube.com/watch?v=I7Hdl0XZyKk), und ich mich bestenfalls in meiner unmittelbaren Umgebung mit einer (ungesicherten) Meinung hervorwage, die mich dem einen oder anderen Lager zuordnet.

Meine Hilflosigkeit deckt sich weitgehend mit den “persönlichen Anmerkungen” von Yassin Musharbash, der zuletzt den Beitrag “Wer in der Mitte steht, macht sich verdächtig”: https://www.zeit.de/2025/29/debatte-nahostkonflikt-israel-gazastreifen-humanitaere-lage

Kluge Menschen wie die israelische Soziologin Eva Illouz haben angesichts der von der israelischen Armee verübten Gräuel in Gaza darauf hingewiesen, dass Israel etwa im Vergleich zu anderen Unrechts-Regimen wie in Uganda dem Iran anders – eben mit antisemitischer Brille behandelt würde: https://www.sueddeutsche.de/kultur/eva-illouz-gastbeitrag-antizionismus-antisemitismus-li.3278346?reduced=true

Und sie hat – jedenfalls was mich betrifft – recht: Ich fühle mich den Menschen in Israel näher als mit denen in anderen Ländern. “Uns” eint eine gemeinsame Geschichte, damit eine lange Tradition des Zusammenlebens, dazu die Verwirklichung gesellschaftlicher Utopien ebenso wie die Wirkungen der größten Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind.

Kurz, das, was die israelische Gesellschaft gerade tut, beruht – auch – auf den Erfahrungen europäischer Geschichte, die wir, ob wir wollen oder nicht teilen. Und so ist mir, als handelte die israelische Regierung auch in meinem Namen und entlarvte mich im Umgang mit den “anderen” mit in der Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Das Existenzrecht Israels bedarf keiner Bestätigung, ebenso wenig wie die Realität der Verbrechen, die die Hamas ebenso an Israelis wie an Palästinensern verübt hat. Bleiben die Berichte über das massenhafte Leid einer Zivilgesellschaft, das gerade von der israelischen Armee im Namen der Souveränität Israels verursacht wird und jede Vorstellungskraft übersteigt.

Nichts dagegen tun zu können, ja diese Form der systematischen Menschenverachtung um den Preis der antisemitischen Denunziation entschuldigen zu müssen, lassen mich persönlich an meine Grenzen kommen.

Die Auswirkungen sind freilich größer: Das, was da gerade in und um Gaza passiert, wird auch Auswirkungen auf das europäische Modell des Zusammenlebens haben. Mit Israels Kriegsführung gegen einen zunehmend inferioren Feind, dem es sich immer ähnlicher macht, wird Europa gerade der großen Lüge überführt. Und ich bin mitten drin.

Das langsame Veränderung der diplomatischen Positionen, etwa in Frankreich und Spanien, und sogar in Deutschland und Österreich lassen darauf schließen, dass Israel mit seiner Allzweckwaffe des Antisemitismus ans Ende gekommen sein könnte.

Dass seine Politik gerade dabei ist, den realen Antisemitismus europa- und wohl weltweit zu befördern, macht die ganze Tragik nur noch größer.

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