Wimmer’s Comment
Michael Wimmer regularly comments on the latest developments in culture, education and politics in his german commentaries. These are complemented by his own encounters and experiences as a lecturer, author and consultant.
Der Kulturbetrieb und die Lust am Weltuntergang
Wie man im letzten Kulturmontag sehen konnte, macht Julian Charriére interessante künstlerische Installationen, die den Klimawandel thematisieren.
Dass er diese mit der zu erwartenden Apokalypse der Menschheit argumentiert, gehört nicht zu seinen Stärken.
Was für eine Hybris im Kulturbereich macht sich da nochmals breit? Wie leichtfertig wird da schon einmal selbstherrlich im Geist der ganzen Menschheit gesprochen, ohne dafür auch nur über die geringste Legitimation zu verfügen?
Als könnte mit einer solchen Rhetorik die Existenz unterschiedlichster Interessen samt darauf basierender Politiken außer Kraft gesetzt werden.
Geboten wird eine Kulturpolitik als Entpolitisierusprogramm.
Die banale Wahrheit ist doch: Menschen werden geboren und sie sterben am Ende. Dazwischen sind sie je besonderen Lebensbedingungen ausgesetzt, die sie – entlang ihrer sozialen Zugehörigkeit und damit verbundener Machtposition – in verschiedener Weise beeinflussen können. Oder nicht.
Sicher ist nur eines: Dass gerade jetzt ein beträchtlicher Teil der Menschheit unter apokalyptischen Bedingungen leben. Und dass sich diese schon immer geändert haben. Und sich auch in Zukunft ändern werden.
Also sind wir (wer immer das ist) gefordert, anstatt in privilegierten sozialen Settings über die Apokalypse zu bramabasieren, eine politische Haltung einzunehmen, die sich darum bemüht, der grassierenden Alternativlosigkeit mit überzeugenden Zukunftskonzepten entgegen zu wirken. Das gilt auch und gerade im Kulturbereich als einem der wenigen verbliebenen Experimentierräume für eine andere, vielleicht sogar bessere Zukunft.
Wie wärs zum Beispiel mit Maßahmen, um die – global ebenso wie regional – sich immer weiter verschärfende Ungleichheit der Ressourcenverteilung zu bekämpfen?
Mit entsprechendem politischen Willen könnten alle Erdenbürger*innen bereits jetzt mit ausreichend Nahrung versorgt werden und an Bildungsmaßnahmen teilnehmen, um ihr Leben nachhaltig zu verbessern. Diese und nur diese – das wissen wir bereits seit der Diskussion um das Bevölkerungswachstum – sind in der Lage, das Verhalten von Menschen nachhaltig zu verändern. Weil sie es dann “können”.
Aber ein solcher Fortschritt kommt nicht von allein. Er will politisch erkämpft werden.
Und kann nicht mit dem Mantra der Apokalypse, aufgerufen von einer kleinen Gruppe, die um ihre Privilegien fürchtet, zum Verschwinden gebracht werden.
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